Grundsätze der Flüchtlingshilfe des DRK

Flucht vs. Menschlichkeit und Unparteilichkeit
Maßgebende Grundsätze der Flüchtlingshilfe des DRK Beinahe 60 Millionen Menschen flüchten derzeit weltweit vor Kriegen, Konflikten und Verfolgung sowie aus purer Not, um der Armut zu entkommen. Dies ist die höchste Zahl seit dem zweiten Weltkrieg, und sie nimmt stetig zu (vgl. UNHCR, Global Trends, 2014). Zufluchtsorte sind entweder das eigene Heimatland oder benachbarte Länder wie die Türkei und der Libanon, welche die größte Last der Konflikte in Syrien und dem Irak tragen. Zufluchtsort sind aber auch die Staaten der Europäischen Union, allen voran Deutschland und Schweden, welche die beliebtesten Ziele der Flüchtlinge sind. Bis Ende 2015 sollen allein in Deutschland ca. eine Million Flüchtlinge eintreffen. Die meisten Menschen kamen bislang aus Syrien, Afghanistan und Irak sowie aus dem Kosovo, Albanien und Serbien.

DRK-Hilfe in Berlin: In Berlin ist für die Erstaufnahme der Flüchtlinge grundsätzlich die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, und als ausführende Behörde das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zuständig. Weil der Platz in den Berliner Erstaufnahmeeinrichtungen angesichts der großen Flüchtlingsströme nicht mehr ausreicht, werden inzwischen neue Notaufnahmeeinrichtungen eröffnet – so auch vom Berliner Roten Kreuz durch die jeweiligen Kreisverbände.

Maß der Not: Das Rote Kreuz ist Teil einer weltweiten Gemeinschaft von Menschen in der internationalen Rotkreuz und Rothalbmondbewegung, die Opfern von Konflikten und Katastrophen sowie anderen hilfsbedürftigen Menschen unterschiedslos Hilfe gewährt – und zwar allein nach dem Maß ihrer Not. Im Zeichen der Menschlichkeit setzt sich das Rote Kreuz für das Leben, die Gesundheit, das Wohlergehen, den Schutz, das friedliche Zusammenleben und die Würde aller Menschen ein.

Grundsätze: Unverzichtbare Grundlage aller Rotkreuz- und Rothalbmondaktivitäten bilden die sieben Grundsätze der Bewegung, deren Ursprünge sich bereits in Henry Dunants „Eine Erinnerung an Solferino“ (1862) nachweisen lassen, in der er nicht nur das Elend der blutigen Schlacht von Solferino in Norditalien beschrieb, dessen Zeuge er wurde, sondern auch erste Vorschläge zur Verbesserung der Situation verwundeter Soldaten machte. „Die Grundsätze sind nicht nur ethische Rechtfertigung der Aktivitäten (Menschlichkeit), sondern auch praktische Richtschnur für das Verhalten in spezifischen Situationen (Unparteilichkeit, Neutralität) sowie wesentliches Merkmal von Institution und Organisation (Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit, Universalität). Damit wird sowohl aufgezeigt, wie Menschlichkeit und damit Schutz und Hilfe praktiziert werden sollte, als auch, welche Verhaltensweisen tabu sind und wo die Grenzen des Aktionsspielraumes der Bewegung liegen.“ (DRK, Handbuch Verbreitungsarbeit, CD-ROM, 2. überarbeitete Aufl. 2014, Modul 4).

Menschlichkeit und Unparteilichkeit: Im Rahmen der nationalen Flüchtlingshilfe sind vor allem die Grundsätze der Menschlichkeit und der Unparteilichkeit von zentraler Bedeutung. So ist die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit bemüht, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. „Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen Völkern. Dabei unterscheidet die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung nicht nach Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Sie ist einzig bemüht, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen Vorrang zu geben.“ (DRK, Handbuch Verbreitungsarbeit, CD-ROM, 2. überarbeitete Aufl. 2014, Modul 4).

Rechtsverbindlichkeit der Grundsätze: Die sieben Grundsätze, so auch die Grundsätze der Menschlichkeit und der Unparteilichkeit, bewirken für das IKRK, die Föderation und die Nationalen Gesellschaften eine unumstrittene Rechtsverbindlichkeit für ihr Handeln. Dies spiegelt sich letztlich durch die Aufnahme der sieben Grundsätze in die Statuten der Bewegung sowie in die Gesetze und Satzungen der Nationalen Gesellschaften wider.

Folgen für die Arbeit des DRK: Für das DRK als anerkannte Nationale Gesellschaft beinhalten das DRK-Gesetz (DRKG) und die DRK-Satzung entsprechende Regelungen im Hinblick auf die Geltung der Grundsätze. So verpflichtet § 1 DRKG das DRK auf die Beachtung der Grundsätze und § 2 auf deren Verbreitung. In der Präambel der DRK-Satzung ist das Bekenntnis zu den Grundsätzen, in § 1 Abs. 2 die Verpflichtung auf die Grundsätze und in § 2 Abs. 2 der Auftrag zur Verbreitung der Grundsätze normiert. Alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des DRK haben mithin bei der Erstversorgung der Flüchtlinge in Berlin insbesondere die Grundsätze der Menschlichkeit und der Unparteilichkeit zu beachten. Sie dürfen dabei insbesondere nicht zwischen Kriegsflüchtlingen und bloßen Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden. Eine solche Unterscheidung verhindert der Grundsatz der Unparteilichkeit. Jede Helferin und jeder Helfer des DRK muss sich bemühen, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen Vorrang zu geben. Auf die einzelnen Fluchtgründe kommt es nicht an. Dr. Jana Hertwig, Landeskonventionsbeauftragte des Berliner Roten Kreuz